EIN FILMSTAR IN 4 STUNDEN
Torsten Amft zaubert kurz vor der Premiere den Auftritt auf dem roten Teppich

Auf der Berlinale geht es um Filme, unbestritten, doch sie ist auch immer wieder eine große Modenschau. Wenn die Stars über den roten Teppich in den Festivalpalat schweben, ist das, was sie tragen, für einen Moment genauso wichtig wie der Film, den sie präsentieren. Und wer das Glück hat, eine der begehrten Karten für die Premiere und die anschließende Party zu bekommen, wird auch nicht in Sack und Asche zu diesem Event gehen.

Die Auswahl an edlem Tuch reicht von ägyptischer Baumwolle bis zu chinesischer Seide

Was aber, wenn solch eine Einladung ganz kurzfristig kommt und ein Blick in den Schrank bestätigt, was man schon geahnt hat: kein passendes Kleid für den Empfang. Dann heißt es in aller Schnelle die Geschäfte abklappern, um irgendetwas halbwegs Tragbares zu finden. In Berlin gibt es noch eine Alternative. Der Mode Designer Torsten Amft schneidert eiligen Kundinnen und Kunden binnen vier Stunden ein Kleid oder ein Anzug auf den Leib, mit dem er oder sie beim Gang über den roten Teppich Aufsehen erregt. Wie sagte doch gleich Andy Warhol:"Jeder kann 15 Minuten lang ein Star sein." Und wenn die Robe zum Film passt, um so besser. Es muss nicht für den Abend sein: Auch wer schnell etwas Elegantes will, ist bei ihm richtig - solange es nicht all zu bieder sein muss. Dieser blitzschnelle Service ist erschwinglich: Kleider sind ab 300 Euro, Anzüge ab 600 Euro zu haben. Entscheidend ist, welchen Stoff der Kunde wählt und wieviel davon verarbeitet wird. Die Auswahl an edlem Tuch ist groß, sie reicht von ägyptischer Baumwolle über chinesische Seide bis hin zu Kaschmir aus Schottland oder der Mongolei. Allerdings schafft es nicht der flinkste Schneider nicht in wenigen Stunden, perfekte Haute Couture zu zaubern.

"Kompromisse muss eingehen, wer ein Kleid auf die Schnelle will", sagt Amft. Füttern ist nicht drin, handroulierte Kanten und Pailletten ebenso wenig. Aber Purismus ist Amfts Sache nicht bei seiner Mode - die deutlich mehr Thierry Mugler als mit Calvin Klein zu tun hat. "Ein Kleid muss Charakter haben und die Identität seiner Trägerin widerspiegeln", findet er, selbst wenn es in vier Stunden entsteht. Der 35-jährige hat Kundinnen, die mit dem Foto eines aufwendigen Abendkleides kommen.In solchen Fällen zeigt er ihnen Stücke aus seiner Kollektion, die er unter dem Oberbegriff "elitärer Futurismus" in Klassik, Uniform, Avantgarde und Sportiv aufteilt. Darunter sind große Roben mit raffinierten Falten und Stoffkaskaden, die in Windeseile geändert werden können, aber auch Kostüme mit kurzen Röcken und taillierten Jacken.

"Allerdings",erklärt der gebürtige Leipziger mit einem Mix aus Sächsisch und Berliner Schnauze, "kann nicht jeder jedes Teil tragen. Die Aura muss passen." Es kommt vor, dass der Edelschneider einen Wunsch nicht erfüllt, "weil Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammenpassen." Immer aber setzt er sich mit seinen Kunden auseinander, auch wenn die Zeit knapp ist.

Und in der Designer Lounge gibt`s alten Whisky und 52 Sorten Champagner

Zu seinen berühmtesten Käuferinnen zählt Cindy Crawford, die im vergangenem Jahr bei ihrem Besuch in Berlin kurzfristig eine weitere Abendeinladung erhielt und zusätzlich Etwas suchte. Sie kam vorbei, ihre Kinder im Schlepptau und entschied sich für einen rosa Seidenstoff. Torsten Amft kennt die berühmte Schöne noch aus seiner eigenen Modelzeit. In den Neunzigern stand er mehrfach für Helmut Newton und Herb Ritts Modell. Gianni Versace und Dolce & Gabana schickten ihn über den Laufsteg. Nebenher hat Amft eine Schneiderlehre und Fernausbildung als Designer absolviert. Auch unter seinen Stammkunden finden sich prominente Namen: Sopranistin Anna Maria Kaufmann, Moderatorin Alexandra Klim und, seit neuestem, Sänger Brian Adams. Diplomaten aus der kanadischen Botschaft und der dominikanischen Republik lassen bei ihm schneidern: Business Anzüge mit kleinen, feinen Raffinessen, wie sie von der Stange nicht zu finden sind. Auch Sean Connery war schon mal da, allerdings beließ er es bei einer Krawatte und genoss ansonsten einen alten Malt Whisky. Denn der flinke Schneider ist passionierter Barmann. Seit gut einem Jahr bietet er in seiner schwarz - gold ausgestatteten Designerlounge neben dem Atelier eine reiche Auswahl an Whisky und 52 Sorten Champagner.
Text: S.Grieshuber